KategorieOriginal

Schattendasein

S

Alles kann sein, doch nichts darf.
Denn was ist, kann vergehen
und wird vergessen, irgendwann.

Aber Vergessen ist schlimmer als Nicht-Sein
und so leben wir nur zaghaft
im Schatten unserer Möglichkeiten.

Nachmittag

N

Ein Straßencafé bei Regen
ist zumeist ein trüber Ort.
Doch heute haben wir
unter dem Sonnenschirm
unsere Rattansessel
ganz nahe zusammengerückt.
Wenn jetzt nur der Wind
nicht zu kräftig wird.

Post Mortem

P

Eines Tages starb die Sprache.
Wir bemerkten es gar nicht.
Wir benutzen sie weiter wie bisher
und erkannten nicht,
wie leblos sie war,
wie mechanisch und leer.

Aber es machte nichts.
Wir starb kurze Zeit später.

Wunschdenken

W

Einander zu kennen,
ohne sich langweilig zu werden.

Von einander zu lernen,
ohne belehrend zu sein.

Sich Zweifel einzugestehen,
ohne zu verzweifeln.

Sich zu öffnen,
ohne wehrlos zu sein.

Miteinander zu schweigen,
ohne sich nichts mehr zu sagen zu haben.

Eins zu sein,
ohne sich selbst aufzugeben.

Über mich

Nachdem ich in meiner Schulzeit zwei oder drei Gedichte geschrieben hatte, versuchte ich mich in meiner frühen Unizeit regelmäßiger daran. Es war ein Weg, meine jugendlichen Gefühle zu verarbeiten – und zugleich ein Gegenpol zu meinen naturwissenschaftlichen Studienfächern. So entstanden zwei kleine Gedichtbände, die ich an ausgewählte Familienmitglieder weitergab. Doch irgendwann wurde die Dissonanz zwischen dem, was sich schreiben wollte, und meinem gelebten Leben so groß, dass ich das Schreiben einstellte. Viele Jahre später stieß ich zufällig auf einige meiner alten Texte. Ich beschloss, sie neu zu überarbeiten – und ihnen hier, auf diesem Blog, einen Platz zu geben.